Mai 11, 2022

Fischers Fritz fesselt seine Zuhörer

Mai 11, 2022

„Ich habe eine Flasche Sekt dafür bekommen“, berichtet Fischer von seiner „Entlohnung“. Es macht ihm einfach Spaß, aus seinem Berufsleben zu berichten. Und dem Publikum macht es Freude, dem Mann zuzuhören.

 

Das Reisen war stets ein Teil des Lebens von Fritz Fischer, der übrigens keine frischen Fische fängt: „Angeln gehört nicht zu meinen Hobbys“, sagt er, „aber in Aspen habe ich immerhin gelernt, dass Forellen intelligent sind.“ Auch weil der Pensionär sich bester Gesundheit erfreut („Ich habe das goldene Sportabzeichen und betreibe immer noch Fitness“), reist das Küstenkind gern – wobei sich die Liebe zu Kreuzfahrten nur allmählich entwickelt hat. „Ich habe zum Schluss meines Berufslebens bei der Weltbank gearbeitet und bin damals gern mit der Queen Elizabeth 2 über den Atlantik geschippert“, erklärt der Holsteiner, der besonders gern mit großen Segelschiffen wie der Star Clipper unterwegs war: „Das fand ich immer sehr angenehm“, sagt er über Touren von Miami auf die Bahamas und in die Karibik.

 

Fischer freut sich, dass „heute immer mehr einfache Leute auf Kreuzfahrt gehen können“, denn: „Früher konnten sich das nur die Reichen leisten.“ Was Fischer ärgert, ist der Zuschlag für Einzelkabinen. „Das ist eine missliche Sache, da schlagen einige gewaltig zu“, weiß er. „Es wird kaum Rücksicht darauf genommen, dass viele Menschen allein reisen“, kommentiert der dreifache Vater.

 

Auf der Queen Mary 2 reist Fischer von Hamburg über New York in die Karibik und zurück – und erzählt dabei Anekdoten aus seinem Berufsleben. „Die Idee, das zu erzählen, war schon vor Reiseantritt da“, erklärt der Mann, der all das, was er zu berichten hat, auch schon in Buchform veröffentlicht hat. Wobei: Während seiner aktiven Zeit hat sich Fischer nie Notizen gemacht. Buch und Erzählungen kamen einfach aus dem Gedächtnis heraus. „Ich war ja selbst überrascht, dass daraus ein Buch mit 300 Seiten erwuchs“, staunt der Autor der „Erinnerungen eines Kofferträgers“.

 

Und dann erzählt Fischer – sehr zum Vergnügen des zunächst überschaubaren Publikums. Er berichtet davon, wie er als persönlicher Referent Karl Schillers dereinst in tagelanger Arbeit dafür sorgte, dass sein Minister samt allen anderen Mitreisenden während eines Fluges ein eigentlich nicht vorgesehenes Essen erhielt, was der dann mit den Worten „Eigentlich habe ich gar keinen Hunger“ honorierte. Oder davon, wie Helmut Schmidt in letzter Minute eine vorbereitete und der Presse bereits zugeleitete Rede verwarf, um dann aus dem Stegreif ganz anderes zu erklären – die Journalisten waren alles andere als begeistert. Fischer stellt Schiller, Schmidt und Brandt als Menschen vor – als liebenswerte Menschen, die alle ihre Ecken und Kanten, mit ihm als Referenten aber auch einen Mann an ihrer Seite hatten, der wusste, wie Hürden zu überwinden sind und wie mit Menschen umgegangen werden sollte. 

Da sprach beispielsweise dereinst eine Frau im Ministerium vor, die sich als „die echte englische Königin“ vorstellte. Fischer ließ Tee servieren und hörte der Dame zu, die alsbald zufrieden den Heimweg antrat.  Und weil seine Anekdoten so viel Lächeln ins Gesicht seiner Zuhörer zaubern, darf der Mann seine Vorträge ausbauen – gleich drei Teile aus seinem Berufsleben ziehen immer mehr Interessierte an. Und so kommt auch noch die Geschichte vom Abendessen in Chile zum Vortrag, als Fischer das gebratene Meerschweinchen ablehnte. Als Ersatz wurde ihm daraufhin gegrille Eidechse angeboten  . . .

 

Der Mann versteht etwas von Politik. Und vom Reisen. Er bereiste die Ostsee ebenso wie die Karibik, war auf den Galapagos-Inseln und im Mittelmeer. Natürlich hat er auch seine Lieblingsschiffe: Die Astor und die Hamburg. „Ich mag die kleinen Schiffe“, begründet er das. Und am liebsten fährt er mit diesen Schiffen in die Häfen von Sydney und Oslo ein. An Bord selbst sucht Fritz Fischer, der neben Deutsch und Latein auch Englisch, Französisch, Flämisch und Schwedisch spricht, ruhige Zonen – wenn er nicht gerade seine Anekdoten erzählt. „Ich bin gern in der Sonne, und in einem Liegestuhl im Warmen kann ich mich lange aufhalten“, erklärt der in Uetersen geborene und in Kiel lebende Reisende.

 

 

 

Die Vita des Dr. Fritz Fischer

Fischer studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Hamburg, Freiburg und Kiel, wo er 1965 promovierte mit der Arbeit über „Die institutionalisierte Vertretung der Verbände in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft“. Nach Studien am Europakolleg Brügge (Belgien) und an der Indiana University in Blooming (USA) – die er mit einem Master of Laws abschloss – sowie einer Tätigkeit bei der EWG-Kommission in Brüssel trat Fischer nach dem Assesorexamen 1966 in Bonn in das Bundesministerium für Wirtschaft ein und siedelte später in die Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit über. Während dieser Zeit war er enger Mitarbeiter der Minister Karl Schiller und Helmut Schmidt und assistierte danach Willy Brandt als dem Vorsitzenden der internationalen Nord-Süd-Kommission. Auf dieser Grundlage wurde er 1984 zum Exekutivsekretär des Gemeinsamen Entwicklungsausschusses von Weltbank und Internationalem Währungsfond in Washington D.C. gewählt und war von 1991 bis 1996 dort deutscher Exekutivdirektor bei der Weltbank.  Seine internationale Tätigkeit führte ihn in alle Erdteile und vergrößerte seine Sympathie für Schönheit und Kultur der sogenannten Dritten Welt.

Buchtipp:

„Erinnerungen eines Kofferträgers“: Anekdoten aus einem bewegten Beamtenleben mit Karl Schiller, Helmut Schmidt und Willy Brandt. Von Dr. Fritz Fischer, 308 Seiten. Erschienen bei edition Fischer. ISBN 978-3864556739. 19,90 Euro.

 

Dirk Kröger (Text & Foto)

Ihnen hat der Artikel gefallen? Dann jetzt teilen auf Facebook, LinkedIn und Twitter

Facebook
Twitter
LinkedIn