Februar 26, 2015

Norwegen: Kreuzfahrt in die Fjorde

Februar 26, 2015

„So ein Mistwetter!“, Jonathan sieht zweifelnd auf unsere Bekleidung – Jeans, Turnschuhe und Windjacke – und lässt eigene Ausrüstung in unsere Arme gleiten: schwere Öljacken mit Kapuze, Rettungswesten und eine Spritzdecke, die am Boot befestigt werden kann. Während wir wenig später wie Michelinmännchen hinter ihm her stapfen, schimpft der Norweger immer noch leise vor sich hin. Der schlimmste Sommer seit Jahren sei das gewesen. Diese Woche kämen die letzten Kreuzfahrtschiffe und dann sei erstmal Schluss mit der Saison. Jetzt stehen wir am Wasser. Vor uns liegt der Geirangerfjord, der berühmteste in ganz Norwegen. Wie viele meinen, gar der schönste der Welt. Seit 2005 gehört er zum UNESCO Weltnaturerbe. Während im Hochsommer manchmal bis zu fünf Kreuzfahrtschiffe gleichzeitig hier ankern, sind es nun im September nur noch zwei: die „Vision of the Seas“ und die „Rotterdam“ der Holland America Line, mit der wir selbst angekommen sind.  Smaragdgrün, von Sonne beschienen und fast kitschig schön – so kennen wir den Fjord als Postkartenmotiv. Heute zeigt er sich von seiner wilden Seite.

 

Paddeltour im Geiranger Fjord

„Wenn das Wetter noch schlechter wird, kehrt um!“, gibt uns Jonathan noch mit auf den Weg. Dann hastet er in seinen Wohnwagen zurück – gleichzeitig Geirangers Kajak Center – und überlässt uns unserem Schicksal. Dunkle Wolken jagen über den Himmel, als wir uns mit dem Kajak ins Wasser begeben. Wir paddeln unter den Tauen der „Vision“ hindurch und halten auf unsere „Rotterdam“ zu. Als wir den dunklen Rumpf des Schiffes erreicht haben – so riesig ist es uns zuvor noch nie erschienen – fängt es an zu regnen. Wind kommt auf. Und Wellen. Auf dem Promenadendeck unseres Schiffes flammen Blitzlichter. Zwei verrückte Kajakfahrer bei dem Wetter – das ist doch einigen ein Foto wert! 

Weiter geht es, unser Ziel ist ein Wasserfall, den wir schon bei unserer Einfahrt am frühen Morgen bewundert haben.  Steil ragen die Berge hier bis zu 1500 Meter hoch in den Himmel. Der erste Schnee leuchtet auf den Gipfeln. Und die Luft ist kalt. Wild entschlossen legen wir noch einen Zahn zu und paddeln wie die Weltmeister dem Wasserfall entgegen. Jetzt öffnet der Himmel erst richtig seine Schleusen, der Regen peitscht uns ins Gesicht, die Hände verwandeln sich in Eiszapfen – und wir kehren um. Hören wir da ein leises Lachen vom Deck der „Rotterdam“? – Egal, Hauptsache zurück ans Land, ins Trockene. Vom Wasserfall lässt sich bestimmt eine Postkarte kaufen, und mit Sicherheit ist dann sogar noch ein Troll mit  ‘drauf.

Zum Dahinschmelzen: Schokolade…

  Auf dem Weg zurück zum Schiff – Geiranger ist nicht gerade groß… – kommen wir am Schokoladenhaus vorbei. Gräser wachsen auf dem Dach der urigen Holzhütte, in der Bengt Dahlberg hinter dem Tresen steht. „Creative Chocolate Manager“ prangt als Berufsbezeichnung auf seiner Visitenkarte. Mehr als 40 Geschmacksrichtungen können Schocki-Fans hier probieren. Uns kommt Schokolade in heiße Milch gerührt gerade recht, um wieder aufzutauen. In Minutenschnelle schafft es Bengt sogar, den Sommer zurück an den Geirangerfjord zu zaubern. „Probiert diese hier“, hält er uns einen Teller mit süßer Verführung vor die Nase. Das Aroma von Erdbeeren, eingefangen in zarteste Schokolade, zergeht auf der Zunge. Bengt grinst zufrieden. „Die größten Erdbeeren von ganz Norwegen findet ihr nicht weit entfernt von hier in den Bergen. Die nehmen wir für unsere Schokolade.“

 

Der Sommer sagt Adieu

Am späten Nachmittag verlässt die „Rotterdam“ Norwegens Vorzeigefjord. Vorbei an den „Sieben Schwestern“, einem der berühmtesten Wasserfälle des Landes, schiebt sich das Schiff durch den schmalen Meeresarm in Richtung Ålesund. Dick eingemummelt harren die Passagiere auf den Promenadendecks und lassen sich von der nordischen Natur betören. Kreuzfahrten in die Fjorde zählen zu den beliebtesten in der Welt. Jetzt, da der Sommer sich verabschiedet, liegt zwar eine leichte Melancholie in der Luft, doch dafür sind die Häfen unserer Reise auch nicht überlaufen. Zudem bietet die „Rotterdam“ so viele Möglichkeiten zur Unterhaltung und Entspannung, zum Sport und zum gepflegten Dinieren, dass einem sowieso nie langweilig wird – selbst wenn das Wetter mal nicht mitspielt.

 

 

Bergen: regenreichste Großstadt Europas

Das letzte Abendrot färbt den Himmel in flammende Orangetöne als wir den Sonnenuntergang im La Fontaine Dining Room genießen. Auf dem Achterdeck gelegen, erlaubt das Hauptrestaurant eine fantastische Aussicht auf die Fjorde, während die exquisitesten Speisen vor uns auf den Tellern landen. Fangfrischer Lachs aus Bergen zum Beispiel. Und schon ist der erste Hafen unserer Reise Thema am Tisch. Mit 248 Regentagen im Jahr schmückt sich Bergen mit dem zweifelhaften Prädikat als „regenreichste Großstadt Europas“. Natürlich hat es auch geregnet, als wir da waren. Doch begeistert waren trotzdem alle. Von den bunten Holzhäusern im Hafenviertel Bryggen, den gemütlichen Cafés und dem pittoresken Fischmarkt.

Die bunten Häuser von Bergen.

 

Viel Jugendstil in Ålesund

 

 

Am nächsten Morgen entdecken wir Ålesund – laut „Times“ die schönste Stadt Norwegens.   Weltberühmt ist sie vor allem wegen ihrer vielen Jugendstilbauten. Zu verdanken haben die  Ålesunder ihren „Art Noveau“-Chic einem Unglück. In einer kalten Januarnacht des Jahres 1904 fielen 850 Holzhäuser den Flammen eines Feuers zum Opfer – ausgelöst durch eine umgekippte Petroleumlampe in einer Margarinefabrik.  Kaiser Wilhelm II, ein großer Norwegen-Freund, eilte zu Hilfe und schickte Lebensmittel, Medikamente und Baumaterialien. Innerhalb von nur sieben Jahren wurde der größte Teil von Ålesund neu aufgebaut – diesmal aus Stein. Den schönsten Ausblick auf die Stadt haben Besucher vom Stadtberg Aksla, der auch von einer kleinen, preiswerten Bimmelbahn angefahren wird, die am Hafen startet und endet.

 

Eidfjord: Norwegens bekanntester Wasserfall

 

Der letzte Norwegen-Hafen unserer Reise, die in Rotterdam begann und endet,  präsentiert einmal mehr ein sattes Naturerlebnis. In Eidfjord, direkt am Hardangerfjord gelegen, ist nicht wirklich viel los. Gerademal 900 Einwohner leben hier. Da sind wir knapp 1400 Passagiere von der „Rotterdam“ schon mal in der Überzahl. Platz genug aber ist für alle: zum wandern, bootfahren, fischen und jagen – den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen der Eidfjorder. Wir entscheiden uns für eine Busfahrt zum Hardangervidda-Plateau. Schon von weitem ist ein donnerndes Rauschen zu hören. Und nach einem kurzen Fußweg vom einsam gelegenen Fossli Hotel sehen wir ihn dann auch: Norwegens bekanntesten Wasserfall. 182 Meter tief stürzen die Wassermassen in eine tiefgrüne Schlucht über der die Nebelschwaden wabern. Nach einer Tasse Tee am knisternden Kaminfeuer des altmodischen Hotels geht’s zurück zum Hafen.

Der letzte Norwegen-Abend naht. Wir sind zum Kapitänsempfang eingeladen. Während sich die „Rotterdam“ schon wieder auf den Weg zu ihrem gleichnamigen Heimathafen aufgemacht hat, outet  sich Kapitän Sybe de Boer als echter Norwegen-Fan. Vielen Passagieren spricht er damit aus den Herzen: „Die Mitternachtssonne, die Polarlichter, die Fjorde – so etwas Schönes gibt es nur hier!“   

                                                                                               Susanne Müller

 

Einen Schiffstest über die „Rotterdam“ von Holland America Line lesen Sie im Kreuzfahrtmagazin WELCOME ABOARD 2013.  

Kabine auf der „Rotterdam“ von Holland America Line.

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