Dezember 19, 2019

Auf Schnupperreise in den finnischen Winter

Dezember 19, 2019

Die Fähre legt ab. Nacht, Vollmond, Eis im Hafenbecken. Der Meerbusen soll zugefroren sein, aber die Fähre hat eine Eisbrecherklasse, niedrig, aber ausreichend. Ich beeile mich beim Abendbuffet und gehe danach an die Reling, aber es ist bitterkalt, also setze ich mich ans Bullauge unserer Außenkabine, Steuerbordseite. Der Mond – ein Supermond, nah, groß, gelb und freundlich. Ich sitze direkt am Glas, unter mir, seitlich am Schiff, drückt die Fähre das Eis weg; wir fahren über das zugefrorene Meer.

Eine Nacht im Eis

Und was jetzt kommt, habe ich noch nie gesehen, nicht mal in Dokumentationen im Fernsehen: So viele Arten von Eis und so viele Formen und Formationen von Schollen, alle paar Meilen eine völlig neue Eislandschaft! Fräulein Smilla hatte ein Gespür für Schnee, aber ich kenne nur „Eis“. Ich sehe gleichmäßige gleichartige zusammengefrorene Schollenplatten, mit flachen Nähten, dann mit wulstigen Nähten, dann kleine Eisstückfelder, dann längliche Eisstückfelder, dann wellige Frierungen, dann aufeinandergeschobene Eisschollenareale, ich sehe stumpfe Oberflächen, schwarzglatte große Flächen, weißliche Eisfelder – und immer der lange Schein des Mondes über das gefrorene Wasser bis unter mir an den Schiffsrumpf. Manchmal kommen kleine Dunstfelder, manchmal Hochnebel, aber meistens ist der Blick über den Meerbusen frei.

Die Finnmaid auf der nächtlichen Ostsee im Eis.

 

Dann, hinten, ganz anders glitzernd, am Horizont, immer näher, immer bewegter… das offene Meer, und immer noch der Mond mit seinem langen Lichtkegel zu uns hin. Ich kann mich nicht losreißen von diesem atemberaubenden Ausblick, will wachbleiben, in dieser mystischen, verzauberten und verzaubernden Wintermeernacht, da ist Schlaf Verschwendung. Ich klettere in meine Koje, oben, versuche den Blick durch das Bullauge zu halten, schlafe aber doch ein.

Tanz der Schneeflocken

Wache auf mit einem eigentümlichen Gefühl. Der Schiffsmotor brummt, aber irgendwie leise, fein, kein Stampfen, eher ein Sirren, eine seltsame Lautlosigkeit, wie ein Traum von Gleiten fühlt es sich an. Durch das Bullauge sehe ich in der Außen-Seitenbeleuchtung leuchtende große Schneeflocken, immer mit uns mit, wie eine Begleitwolke. Sie sind genauso schnell wie wir, sie fliegen nicht vorbei, ich kann mit schlaftrunkenem Blick dieselben Schneeflocken lange im Auge behalten. Ich setze mich wieder ans Fenster, Bettdecke um die Schultern, Kopf angelehnt an das Kopfkissen an der Schiffswand, und so sehe und fühle ich, wie wir mit den Schneeflocken zusammen über das Wasser schweben, als sei die Fähre ein Teil der Schneewolke.

Der Hafen von Helsinki im Winter.

Dick vereist: Der Hafen von Helsinki im Winter.

Der Kapitän erklärt mir am nächsten Morgen, dass wir in einen Schneesturm geraten waren, der mit derselben Geschwindigkeit in fast derselben Himmelsrichtung übers Meer fuhr wie unsere Fähre. Frau Holle hatte uns quasi mitgetragen.

Winterliche Kurzreisen mit Finnlines

Finnlines bietet Fährreisen auf kombinierten Fracht- und Passagierschiffen zwischen Deutschland, Finnland und Schweden an. Auf der Route zwischen Lübeck-Travemünde und Helsinki bietet das Unternehmen das ganze Jahr auch viertägige Kurzreisen. Abfahrten sind täglich möglich. Bei der Seereise setzt Finnlines auf Komfort sowie Entspannung und verzichtet bewusst auf große Shows an Bord. Während der Fahrt stehen den Gästen ein Buffetrestaurant und Bars sowie ein Kinderspielbereich, ein Shop und eine finnische Sauna zur Verfügung. Reisende haben die Wahl zwischen Kabinen unterschiedlicher Kategorien – von der 10 m2 großen Innenkabine bis zur 38 m2 großen Suite. Eine günstige Alternative sind die Ruhesessel, die Gäste je nach Schiff und Saison buchen können. 

Beispiel einer Kabine auf den Fährschiffen von Finnlines.

Fotos: Claudia Ottschoffsky und Finnlines

Text: Claudia Ottschoffsky

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