Es ist Frühsommer an der französischen Mittelmeerküste – jene Zeit, in der die Tage länger werden, das Licht weicher scheint und die See in einem tiefen Blau schimmert. In Marseille wartet die „Vasco da Gama“ auf uns. Möwen ziehen kreischend ihre Kreise und ein Hauch von Salz und Sommer weht zu uns herüber, als wir einen ersten Blick auf das Kreuzfahrtschiff erhaschen. Von Marseille aus wird es Kurs auf sonnendurchflutete Küstenorte, auf stille Buchten und mondäne Städte nehmen. Auf mediterrane Lebensfreude und süßes Nichtstun.
„Vasco da Gama“: Schiffsrundgang
Doch bevor es losgeht, will das Schiff erkundet werden. Der erste Rundgang überrascht mit einem unerwartet großen Platzangebot für die Passagiere. Nirgendwo entsteht Gedränge, nervt laute Musik oder wird man von ständigen Borddurchsagen zugedröhnt. Ganz im Gegenteil. Die „Vasco da Gama“ gefällt als Ocean-Queen im klassischen Sinne der Seefahrt. Persönlichkeit und Stil zeichnen sie aus. 1993 in Dienst gestellt – damals noch unter dem Namen „Statendam“ für die Holland America Line, ist sie seitdem auf allen Weltmeeren unterwegs und fährt seit 2021 für den Stuttgarter Veranstalter nicko cruises.

Dieser hat die Passagierzahl auf 1000 Gäste (bei 550 Crewmitgliedern) begrenzt und damit all jenen einen riesengroßen Gefallen getan, die gerne ein wenig mehr Platz um sich herum haben. Auf unserer Reise gibt es immer freie Liegen – sowohl in der Sonne als auch im Schatten. In den Restaurants herrscht wohltuende Ruhe. Und ganz allgemein vermittelt die angenehme persönliche Atmosphäre den Eindruck, man reise eher in Gesellschaft als in der Masse.

Spaziergang auf dem Promenadendeck
Das Freizeitangebot erweist sich als vielfältig, aber unaufdringlich. Wer Unterhaltung sucht, findet sie in Form von Livemusik, kleinen Shows oder Vorträgen. Ein Kino, ein Spa-Bereich mit Sauna und Anwendungen, mehrere Pools sowie ein Fitnesscenter runden das Angebot ab. Besonders schön sind die umlaufenden Teakholz-Promenadendecks. Hier lässt es sich mit einem Kaffee in der Hand flanieren, während der Blick über das offene Meer schweift.


Kulinarisch bleiben kaum Wünsche offen: Fünf Restaurants – von klassisch bis international inspiriert – bieten Genuss auf gutem Niveau. Hervorzuheben ist das elegante Waterfront-Restaurant, in dem à la carte serviert wird, sowie das Büffetrestaurant Club Bistro, das mit flexiblen Essenszeiten und großer Auswahl punktet. Für einen Sundowner oder einen Digestif stehen mehrere Bars zur Verfügung, darunter die Dome Lounge mit Panorama-Ausblick. Allerdings: Wer möchte im Sommer am Mittelmeer schon drinnen hocken? – Unser Lieblingsplatz am Abend war daher der Heckbereich, draußen auf Deck 11 – perfekt für einen Cocktail zum Sonnenuntergang.


Slow Cruising an der Côte d’Azur
Die Philosophie des Stuttgarter Anbieters lautet „Slow Cruising“. Oder auch: Time to discover. Das bedeutet ausgedehnte Liegezeiten mit viel Zeit für Entdeckungen. Und die kann man auf unserer Kreuzfahrt gut gebrauchen. Denn vor uns liegt eine Route entlang der glitzernden Côte d’Azur, vorbei an malerischen Küstenorten, den Inseln Korsika und Menorca bis hin zur vibrierenden Metropole Barcelona. Die Luft ist erfüllt vom Duft nach Rosmarin und warmem Asphalt, das Meer bereits warm genug, um darin zu baden. Aber dennoch sind die Orte nicht überfüllt, denn die großen Ferien haben noch nicht begonnen.
Knusprige Croissants in Cannes
Für manche ein Wermutstropfen, für andere piepegal: St. Tropez, der erste Hafen nach Marseille, kann nicht angelaufen werden, weil der Wellengang ein sicheres Tendern nicht zulässt. Kapitän Michail Smyrnaios schippert uns stattdessen nach Toulon, dem Tor zur Provence, und gibt uns damit die Gelegenheit, eine wunderschöne Stadt kennenzulernen, die weit weniger touristisch daherkommt als das nahegelegene St. Tropez.



Tags darauf breitet die mondäne Festivalstadt Cannes ihren roten Teppich für uns aus. Der Tender bringt uns direkt bis in den eleganten Hafen, in dem eine Superyacht neben der anderen schaukelt. Wir bummeln durch enge Gassen, schwimmen im Meer und lassen uns knusprige Croissants in einer der vielen schönen Cafés schmecken.




In Villefranche-sur-mer, nur einen Katzensprung von Nizza entfernt, nehmen wir an einem nicko-Ausflug nach Grasse teil. Die berühmte Parfumstadt spielte eine tragende Rolle im Bestseller „Das Parfüm“. Allerdings wirkt sie im richtigen Leben viel freundlicher und farbenfroher als im Film. Wir besuchen die Parfumfabrik Fragonard und lassen uns die edle Kunst der Parfümherstellung erklären. Niemand verlässt den Parfüm-Tempel ohne eine Tasche mit gewissen Flakons darin …


Zwei Häfen in Korsika
Schließlich verlassen wir die Cote d’Azur und steuern Korsika an. Die Insel wirkt fast wie ein eigener Kontinent im Mittelmeer – wild, grün und gebirgig. Überall flattern die Flaggen von Korsika. Sie zeigen einen schwarzen Kopf auf weißem Grund, der ein weißes Stirnband trägt. Das Wappen besitzt hohe Symbolkraft und steht für die Freiheit der Mittelmeerinsel. Schon die Anfahrt der „Vasco da Gama“ auf die Stadt Calvi ist ein Genuss. Hoch über dem tiefblauen Meer thront die mächtige Zitadelle, darunter schmiegt sich die Altstadt an die Küste – pastellfarbene Häuser, schmale Gassen, Cafés mit Meerblick. Der Hafen vibriert vor südlichem Leben, doch nur wenige Schritte weiter scheint die Zeit stillzustehen.

Unser Highlight in Calvi ist ein Bootsausflug entlang der Nordwestküste in das Vulkangebiet der Scandola-Halbinsel, ein UNESCO-Weltnaturerbe. Rötlich leuchtende Porphyrfelsen, zerklüftete Steilklippen und glasklares Wasser bieten ein fast surreal schönes Panorama. Nur vom Meer aus ist diese Landschaft zugänglich. Die Scandola-Halbinsel war früher eine Insel, die durch einen Vulkan mit dem Festland verbunden wurde. Dieser vulkanische Ursprung und die anschließende Erosion durch Wind und Meer haben die heutige Landschaft geformt. Wir schnorcheln im türkisblauen Wasser, entdecken Seeadler am Himmel und schießen unzählige Fotos von den im Abendlicht rot glühenden Felsen.

Im Kontrast zu Calvi wirkt Ajaccio, die Hauptstadt Korsikas, am nächsten Tag weltoffener und geschichtsträchtiger. Hier wurde Napoleon Bonaparte geboren – und der Stolz auf den berühmtesten Sohn der Stadt ist überall spürbar: Sein Geburtshaus ist heute ein Museum, sein Denkmal steht auf der zentralen Place Foch, umgeben von Palmen und Platanen. Doch Ajaccio ist mehr als nur Historie: Die palmengesäumte Uferpromenade lädt zum Bummeln ein, charmante Plätze zum Verweilen. Auf dem Markt direkt am Kreuzfahrtterminal duftet es nach korsischen Kräutern, Wildschwein-Wurst, Käse und frisch gebackenem Fougasse-Brot.

Im Gegensatz zu den anderen Zielen der Kreuzfahrt bleibt uns auf Menorca leider viel zu wenig Zeit. Nur einen Nachmittag lang können wir Mallorcas kleine Schwester entdecken. Allerdings liegt die „Vasco da Gama“ hier direkt in der Hauptstadt Mahón an, sodass die Gäste zu Fuß die vielen Treppen in die Altstadt hinaufsteigen können, um sich in einer der Bars die erste Sangria dieser Reise zu genehmigen.


Viel Zeit in Barcelona
Mit Barcelona erreichen wir am nächsten Tag den Endpunkt unserer Reise. Hier bleibt die „Vasco da Gama“ sogar über Nacht liegen. Ein Shuttlebus bringt die Gäste bis zum Kolumbus-Denkmal am Fuße der Ramblas. Von hier locken die schönsten Spaziergänge: an den Stränden entlang oder zum Yachthafen. La Rambla ist natürlich ein Muss – vorbei an Straßenkünstlern, Cafés und dem berühmten Markt La Boqueria, der mit frischen Früchten und spanischen Spezialitäten lockt. Wer sich für Geschichte interessiert, biegt nach wenigen Minuten ins Gotische Viertel ab. Enge Gassen, mittelalterliche Bauwerke und die Kathedrale La Seu erzählen von Barcelonas Vergangenheit.

Wir schaffen es sogar zu Fuß bis zur Sagrada Família und sammeln damit reichlich Schritte in der Handy-App. Antoni Gaudís Meisterwerk gilt als Wahrzeichen der Stadt. Kaum hat man das Innere der Kirche betreten, fühlt man sich in eine Märchenwelt aus Licht und Farbe versetzt. Anmutig verzweigen sich Säulenwälder zur Decke hin. Die Morgensonne schimmert durch die riesigen Buntglasfenster, wirft Regenbögen an die Wände und beleuchtet das Szenario in einem Feuerwerk aus Farben. Ein Glück, dass die Kreuzfahrt uns in Barcelona genügend Zeit lässt – denn in dieser Stadt gibt es immer wieder Neues zu entdecken. Doch leider: Nach elf Tagen endet hier auch die Seereise mit unserer Ocean-Lady „Vasco da Gama“.
Text & Fotos: Susanne Müller
Infos „Vasco da Gama“
In einem fünfwöchigen Werftaufenthalt im Frühling 2025 wurde die „Vasco da Gama“ sowohl technisch (u.a. Landstromanlage, Mischanlage für Bio-Treibstoff, Steuerungs- und elektrischen Systeme wurden vollständig erneuert, etc) als auch im Bereich Gästekomfort überholt. So wurden die Bäder auf Deck 5 mit ebenerdigen Duschen ausgestattet. Zudem erfolgte die Erneuerung der Klimaanlage.
Ab November 2025 ist die „Vasco da Gama“ ab/bis Hamburg auf einer Reise in 175 Tagen um die ganze Welt unterwegs. Natürlich kann diese Traumtour auch in einzelnen Abschnitten gebucht werden.
Preisbeispiel für eine zweiwöchige Mittelmeer-Kreuzfahrt in 2026:
14 Tage: Athen • Katakolon • Korfu • Sizilien • Sorrent • Rom • Livorno • Genua • Marseille • Barcelona • Valencia • Málaga vom 4. bis 1. April 2026 ab 2099 Euro pro Person inklusive Flug.
Infos: www.nicko-cruises.de