April 18, 2024

Expeditionsleiter Jan van Baudissin: Nie mehr nach Deutschland zurück

Jan von Baudissin

April 18, 2024

Im nordrhein-westfälischen Aachen geboren und aufgewachsen – das klingt nicht nach idealen Bedingungen, um auf einem Schiff zu arbeiten. Jan van Baudissin aber hat den Sprung von der Landratte zum Seefahrer geschafft. Und das war eher dem Zufall geschuldet. Der 48-Jährige arbeitet inzwischen seit sieben Jahren bei der norwegischen Reederei Hurtigruten, seit zweieinhalb Jahren ist er Expeditions-Leiter auf der „Polarlys“. Seinen Einstieg ins Berufsleben erlebte Jan van Baudissin im gastronomischen Bereich. „Ich habe Restaurant-Management erlernt“, berichtet der Mann, der zunächst als Kellner, später als Restaurant-Leiter in den Niederlanden, in Australien, in Namibia und schließlich in Norwegen arbeitete. Dorthin zog es ihn der Liebe wegen. Und das skandinavische Land sollte seine Heimat werden.

Begegnung im Urlaub

An die Arbeit auf See allerdings dachte der Mann mit dem geflochtenen Bart trotz der Nähe zum Wasser zunächst aber nicht. „Ich habe mir während meines Vaterschafts-Urlaubs im Hafen ein Hurtigruten-Schiff angesehen“, berichtet er vom ersten Kontakt mit der Postschiff-Route. Das Schiff muss dem mittlerweile seit 17 Jahren in Norwegen Lebendem gefallen haben, denn ganz spontan schrieb er eine Bewerbung. Und nach nicht einmal einer Stunde kam die Antwort: Jan von Baudissin durfte aufs Schiff, allerdings erst, nachdem er einige Kurse belegt hatte. Vielleicht waren es die Sprachkenntnisse, die den verheirateten Vater zweier Kinder besonders qualifizierten, denn der Mann spricht norwegisch, deutsch, englisch und niederländisch fließend. Mit dem Restaurant indes hat er inzwischen gar nichts mehr zu tun. „Nur wenn absolute Not am Mann ist, dann räume ich auch mal die Tische mit ab“, sagt er mit einem Schmunzeln.

Jan von Baudissin
Ein geflochtener Bart mit Perlen drin – das ist das Kennzeichen von Jan von Baudissin, Expeditionsleiter auf der Polarlys der Reederei Hurtigruten.

 

Jan von Baudissin liebt Vorträge übers Land

Jan von Baudissin organisiert Vorträge, informiert die Passagiere über das Leben an Bord und die Höhepunkte der Reise. „Ich möchte unseren Gästen Land und Leute näherbringen“, erklärt er. Die Reisenden werden von der angenehmen Stimme des gebürtigen Aacheners ständig begleitet, denn dreisprachig meldet er sich mehrfach über die Bord-Lautsprecher zu Wort – nur bei den französischen Ansagen muss jemand anderes helfen. „Am meisten Freude machen mir die Vorträge. Da kann ich über Sachen reden, die mir Spaß machen“, sagt er.

 Wenn die „Polarlys“ vor Anker liegt, dann weist der Expeditions-Leiter den Passagieren den Weg zu ihren Ausflugszielen. Das tut er 22 Tage am Stück, also insgesamt zweimal in Folge auf der Strecke Bergen-Kirkenes-Bergen, bevor 22 freie Tage folgen. „Das war anfangs für meine Frau schon eine Belastung, wenn ich weg war. Aber wenn ich dann zuhause war, habe ich mich um den Haushalt und die Kinder gekümmert“, berichtet der inzwischen in Trondheim lebende Mann. Das Team, dem er an Bord vorsteht, setzt sich nach von Baudissins Aussage „aus dreieinhalb Personen“ zusammen, wobei ein Lehrling die halbe Stelle einnimmt. Besonders freut sich der 48-Jährige jedes Mal, wenn „sein“ Schiff in den Hafen von Ørnes einläuft. „Das ist immer wieder schön“, lobt er den Hafen im Grenzland zwischen der arktischen und der Küste Helgelands.

Jan von Baudissin
Verstehen sich: Jan von Baudissin und Lars Kalås, Kapitän der „Polarlys“.

Norwegen ist seine Heimat

Norwegen ist Heimat für den Mann geworden, der einst im Dreiländereck Deutschland-Belgien-Niederlande aufwuchs. Ober er in zehn Jahren auch noch dort leben wird? „Das ist völlig offen, so weit denke ich nicht“, lautet seine Antwort. Sicher ist für Jan von Baudissin nur, dass er in einer Dekade „auf keinen Fall in Deutschland“ leben wird – eher weiterhin in Norwegen „oder in der Schweiz“. Die hohen Lebenshaltungskosten in Skandinavien mögen ihn auch nicht abschrecken, denn: „Angesichts des Einkommens sind die Preise hier ganz normal, lediglich Immobilien sind wirklich teuer“, ist er überzeugt. Das allerdings sehen die Touristen wohl etwas anders – aber die kommen ja auch aus Deutschland und haben kein norwegisches Einkommen . . .

Text: Dirk Kröger, Fotos (2) Claudia Emrich und (1) Wikimedia Commons/Virtual-Pano

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