Oktober 20, 2025

Hausboot-Törn auf der Havel

Hausboot-Tour Havel

Oktober 20, 2025

Gleich zu Beginn beschert der Hausboot-Törn auf der Havel eine Überraschung. „So viel Komfort auf knapp dreizehn Metern!?“ Christian, Mitfahrer, Kollege und Hausboot-Frischling, ist „einfach nur platt“, während er seine Kabine mit Bad bezieht. Er geht das erste Mal mit auf Wasserfahrt. Die trockene Antwort des Skippers bleibt nicht aus: „Hab ich dir zu viel versprochen?“ Ein schmucker „Dampfer“, der das Herz jedes Charterboot-Kapitäns höher schlagen lässt. Vor der Crew liegt eine Kreuzfahrt der besonderen Art: Einweg zum Heimathafen an der Müritz, Deutschlands größtem See.

Vom dem an Oberdeck gelegenen Außensteuerstand – da hat man den besseren Überblick! – dirigiert der Skipper „seine“ Motoryacht vorsichtig aus der Marina Mildenberg nördlich der brandenburgischen Schifferstadt Zehdenick. Sechs Stunden weiter: Klarmachen zum Ankern! Feierabend nach 41 kurvenreichen Havel-Kilometern durch die idyllische Schorfheide auf dem Röblinsee westlich von Fürstenberg. „Den ganzen Tag an der frischen Luft und fünf Schleusungen, das macht hungrig“, finden die zwei und lassen sich das erste Bord-Abendbrot  genüsslich schmecken.

Indian Summer an der Havel

In erster Linie haben in diesen sonnig-herbstlichen Tagen Revier samt Boot gereizt: Havel und Brandenburg-mecklenburgische Seenplatte per „Luxusliner“. „Die Gewässer bilden ein abwechslungsreiches Landschaftsbild“, so der Bootsatlas, „da kaum ein See dem anderen gleicht. Neben Einzelseen gibt es Seengruppen und -ketten, verbunden durch Flussläufe und Kanäle.“ Das hat neugierig gemacht. Vor- und Nachsaison eignen sich am besten für eine Schnuppertour. „Im Hochsommer müsst ihr euch vor den Schleusen schon mal auf längeres Warten gefasst machen“, wird allgemein gewarnt.

Ein munterer Westwind hat den Seespiegel aufgeraut. Der Wald am nahen Horizont spielt in verschiedenen Schattierungen „Indian Summer“. Zwischen den Stämmen drängeln manchmal Freizeithütten ans Licht, Boote dümpeln an den Stegen. Die Luft duftet herbstlich würzig.

Hausboot-Tour Havel

Bewährungsproben

Am linken Ufer überragt eine quadratische, weiße Tafel den dichten Schilfgürtel. Blick in die Karte und durchs Fernglas: Aha, dort zweigt das Fahrwasser ab. Ruder hart Backbord! Schräg gegenüber das nächste Wasserzeichen. Christian hat gut zu tun beim Steuern und muss sich voll auf den Kurs konzentrieren. Einmal lang lässt der Skipper das Signalhorn losdröhnen: ein vorgeschriebenes Schallzeichen für Entgegenkommende vor einer bootsschmalen Brücke. Dann die nächste „Bewährungsprobe“. Die Schleusenampel zeigt „Rot“, also Stopp. Einparken und Anlegen sind angesagt. Christian hält die Festmacherleine parat und streift sie schon recht gekonnt über einen Pfahl. Willig lässt sich der schnittige „Liner“ an die Wartepfähle legen. Die Crew, ein ehemaliger Bundesmariner und ein Volksmariner, hat sich gute Seemannschaft auf ihre Stralsund-Fahne geschrieben, die am Vormast flattert. Passt alles am „Tag der Deutschen Einheit“!

Hausboot-Tour Havel
Stille Fahrt auf der oberen Havel in Mecklenburg-Vorpommern.

Klarer Sternenhimmel

Im Zehn-Kilometer-Tempo tuckert die MÜRITZ SAIL mit 68 PS dahin. Schließlich lockt eine windgeschützte Bucht zum Übernachten. Das klare Gewässer, von eiszeitlichen Gletschern ausgeschürft, ist metertief bis an den schmalen Sandstrand am Fuße eines Moränenhanges. Die Ankerkette rasselt in den Grund. Beherzt springt der Skipper wie schon am Morgen ins kühle Nass. Mächtige Buchenstämmen breiten ihre bunt leuchtenden Kronen schützend über dem Boot aus. In der Kombüse schmurgelt es längst. Christian steht am Herd mit Panoramablick auf Wälder, Wiesen und Felder. Leckere Düfte lassen Gaumenfreuden ahnen.

Der Abend klingt aus bei Wein und Kerzenschein im gemütlichen Salon. Ungewohnte Stille ringsum. „Wie klar hier der Sternenhimmel doch ist“, sinniert der Skipper auf dem dunklen Achterdeck, „so völlig ohne Lichtverschmutzung“. Leise plätschern die Wellen gegen den Rumpf – eine traumhafte Einschlafmelodie in kuschligen Kojen. Der Wind lässt die Blätter rauschen, durch die irgendwann ein freundlicher Vollmond blinzelt.

Hausboot-Törn auf der Havel

Schon der „preußische Naturbursche“ Fontane kam hierher und schwärmte von der Landschaft in seinen berühmten „Wanderungen durch die Mark“.

Bei einem Fischer rechts hinter der Schleuse Canow gibt es frisch Geräuchertes fürs Abendbrot: Aal und Maräne, den edlen „Süßwasserhering“, aus dem klaren, 30 Meter tiefen See. Der Wind spielt mit dem ankernden Boot. „Drehendes Restaurant mit See- und Grünblick“, kommentiert das Christian, „so was hab´ ich auch noch nicht erlebt“. Auf Südkurs dahinziehende Kraniche trompeten über dem Gewässer.

Hausboot-Tour Havel

Königliche Yacht

„Zum Fünf-Uhr-Tee könnten wir eigentlich noch den Alten Fritz besuchen“, schlägt Christian vor. Ein Blick auf Karte und Uhr überzeugt: „Das schaffen wir doch dicke!“ Bald recken sich Turmspitzen über die Baumwipfel – bis Schloss Rheinsberg in ganzer Pracht vor dem Steven ausgebreitet liegt. Wo einst Friedrich II. von Preußen einen Teil seiner Jugend verbrachte, promenieren heute Spaziergänger und bestaunen die „königliche Yacht“ vor dem Schlosskai. Der Himmel reißt regiegemäß auf und lässt den gelben Barockbau leuchten. Der Alte Fritz hätte seine Freude daran gehabt!

Nach einer Übernachtung im traumhaften Zotzensee und einer kurzen Müritzstrecke heißt es im Hafendorf Rechlin am nächsten Mittag: Ende der Reise. 110 abwechslungsreiche Fluss-, Kanal- und Seen-Kilometer, ein Bruchteil von vielen hundert möglichen auf Europas größter Wasserlandschaft, aber auch zwölf Schleusen liegen hinter uns. Und der Skipper freut sich, mal wieder „richtig Kapitän“ gewesen zu sein.

                                                                                         Peer Schmidt-Walther  (Fotos: Christian Rödel)

                  

Infos zum Hausboot-Törn auf der Havel:

Die Preise für Einweg-Überführungsfahrten variieren je nach Hausboot-Modell, Start- und Zielhafen sowie Saison, da es sich um Sonderangebote handelt. Oneway-Fahrten mit „Kormoran 1150“ (3 Kabinen, 3 Bäder) von Berlin-Zeuthen zum Hafendorf Müritz für 1.367,10 Euro oder mit „Kormoran 940“ (1 Kabine,1 Bad)  für 1.014,30 Euro.  

Informationen auf der Webseite von www.kuhnle-tours.de

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