Dezember 1, 2025

Auf Rhône und Saône: Wein und Welterbe

Mit der Bijou du Rhône von nicko cruises auf der vielleicht sinnlichsten Route Frankreichs

Dezember 1, 2025

Es ist dieses ganz besondere Licht, das alle verzaubert: Früher Künstler wie van Gogh und Picasso, heute die Passagiere der Bijou du Rhône von nicko cruises. Das 114 Meter lange Flusskreuzfahrtschiff bietet Platz für bis zu 150 Passagiere und ist auch während der letzten Fahrt der Saison, die von Mitte März bis Ende Oktober dauert, voll belegt.

Van Gogh und Arles

Van Gogh lebte nur etwa 16 Monate in Arles, aber es waren entscheidende. Hier schuf der Zeit seines Lebens verkannte Künstler rund 200 Werke, inspiriert von dem besonderen Licht, das er wie kein anderer verstand und einfangen konnte. In Arles malte Van Gogh „Die Sternennacht über der Rhône“, „Das gelbe Zimmer“, „Die Brücke von Langlois“ und viele weitere Meisterwerke. Die Stadt ist übersät mit kleinen Tafeln, die zeigen, wo er stand und welchen Blick der Maler hatte, als er seine Staffelei aufbaute. Ein Spaziergang auf seinen Spuren führt vorbei an Motiven wie der Gelben Bar, der Rhône am Abend oder dem Place du Forum. Die Stadt ist voller kleiner Momente, die wie aus einem Gemälde scheinen. Menschen sitzen in belebten Bars, Cafés, Restaurants oder am Ufer der Rhône und schwatzen, trinken, lachen. Arles ist ein Gesamtkunstwerk, majestätisch und ockerfarben erhebt sich das Amphitheater über der Stadt, eine Miniaturversion des Kolosseums, aber noch heute lebendig genutzt und eines der am besten erhaltenen seiner Art. Früher fanden Gladiatorenkämpfe statt, heute Konzerte, Theater und Feste. Der Markt von Arles gehört zu den Schönsten Frankreichs: Lavendelbündel, provenzalische Kräuter, Ziegenkäse, Austern, Melonen, Orangen, Zitronen, Töpferwaren, Stoffe. Es duftet nach Lavendel, Rosmarin, Thymian und warmem Brot.

Das Amphitheater in Arles

 

Die Camargue

In Arles wartet auch ein Bus für einen Ausflug in die Camargue. Die lokale Reiseleiterin Inez lotst den Bus über teils abgelegene Wege durch den 100 000 Hektar großen Naturpark zwischen der kleinen und der großen Rhone. Wer die Camargue besucht, trifft auf eine malerische weite Ebene, wasserdurchflossen, mit wildlebenden weißen Pferden, schwarzen Stieren und rosafarbenen Flamingos, die im flachen Wasser stehen wie Pinselstriche in einem impressionistischen Gemälde.

Auf der Rhône

Es ist diese Abwechslung, welche Passagiere auf einem Flusskreuzfahrtschiff schätzen: Wer möchte, kann an geführten Ausflügen teilnehmen, man kann die Umgebung aber auch auf eigene Faust erkunden oder auf dem Schiff bleiben. Sanfte Farben, große Panoramafenster, weiches Licht: an Bord der Bijou du Rhône herrscht jene elegante Gelassenheit und Leichtigkeit, die die Franzosen so mühelos beherrschen. Das schwimmende Hotel bietet alles, was man für geruhsame Ferien braucht: Die gepflegten Doppelkabinen, mit großen Fenstern oder französischem Balkon, sind gemütliche Rückzugsoasen. Liegestühle auf dem Sonnendeck und gemütliche Sessel im Panorama-Salon und der dazugehörigen Bar laden zum Entspannen ein oder locken zu einem Drink oder Tee, zum Lesen oder angeregten Gesprächen mit Mitreisenden.

 

Das Schiff

Im Salon werden auch ein Frühaufsteher-Frühstück und ein leichtes Mittagessen serviert. Das reichhaltige Morgenbuffet und jeweils mehrgängiges Mittag- und Abendessen gibt es im Restaurant im Heck des Schiffs. Mediterrane Küche mit regionalen Saisonprodukten dominiert, mit viel Fisch, aber es gibt auch Fleischgerichte sowie vegetarische und auf Wunsch vegane Alternativen. Jeden Nachmittag wird Kaffee und Tee serviert. Wer mag, kann sich vom Kuchenbuffet im Salon ein Stück auswählen und mit nach oben an Deck nehmen. Man sitzt an kleinen Tischen zusammen und genießt den Ausblick: ein grüner Streifen Bäume und Büsche an beiden Ufern, dahinter goldgelber Acker und Weinberge, am Horizont Hügelketten, Kalksteinwände und bizarre Felsformationen. Das Schiff zieht eine weiße Gischtspur hinter sich her, man spürt den Fahrtwind auf der Haut und in den Haaren.

Zu Beginn der achttägigen Flussfahrt ab/bis Lyon führt die Route auf der Saône nordwärts bis nach Chalon, bevor sie nach Lyon zurückkehrt. Dort geht die Reise dann auf der Rhone weiter: Bis nach Arles sind noch fast dreihundert Kilometer mit einem Gefälle von rund 160 Metern zurückzulegen. Fünfzehn Schleusen machen es möglich, dass dieser Niveauunterschied bewältigt werden kann.

 

Auf der Rhone durch Burgund

Von Chalon aus öffnet sich das Burgund wie ein Fächer: romantische Weinorte, ruhige Klöster, sanfte Hügel. Hier beginnt die berühmte „Route des Grands Crus“, die wohl schönste Straße für Weinliebhaber in Europa. In Burgund ist Wein Kultur, Handwerk, Philosophie. Jeder Winzer arbeitet mit einer Hingabe, die an Kunst grenzt. Hier liegen die Weinberge wie die an der Cote d´Or, die ihren Namen von der goldenen Färbung der herbstlichen Weinblätter bekam und wo in Meursalt und Puligny-Montrachet Weltklasse-Chardonnays und nur wenige Kilometer weiter die besten Pinot Noirs angebaut werden. Im Burgund weiß man, wie man anspruchsvolle Gaumen verwöhnt, mit köstlich zubereiteten Gerichten, die selbst in kleinen Bistros herrlich munden, und in den zahlreichen Feinschmeckerlokalen von Sterneköchen kredenzt werden.

Wenn das Burgund der Bauch Frankreichs ist, dann ist Beaune, die Weinhauptstadt, sein Herzschlag. Schon beim Aussteigen aus dem Ausflugsbus spürt man die Einzigartigkeit dieser Stadt: kopfsteingepflasterte Straßen, baumbestandene Plätze mit Tischen, Weinhändler mit jahrhundertealten Familienwappen und Fasskellern.

Das berühmte Hôtel-Dieu, mit seinem Zickzack-Dach aus glasierten, bunten Ziegeln in vier Farben, ist ein architektonisches Meisterwerk. 1443 als Armenhospital gegründet, ist dieser zu den am besten erhalten Renaissance-Ensembles der Welt zählende Gebäudekomplex, Symbol für die Verbindung von sozialem Engagement und Kunst, wie sie in Burgund seit Jahrhunderten gepflegt wird. Das Hospice de Beaune erfüllte seine karitative und medizinische Bestimmung bis ins Jahr 1971, danach wurde es zu einem Museum umgestaltet, Teile des alten Komplexes als Altersheim genutzt.

 

Die Weinberge

Die Gebäude werden heute vor allem durch die Erträge von Weinbergen finanziert, die über die Jahrhunderte durch Erbschaften in den Besitz des Hospizes gelangten. Zum Besitz gehören viele Premier Cru- und einige Grand-Cru-Lagen. Einmal jährlich während der „Trois Glorieuses“, der drei glorreichen Tage, findet eine Auktion von Fasswein aus dem Stiftungsbesitz statt. Top-Weinhändler aus ganz Frankreich versuchen, ein Fass zu ersteigern. Die Preise für diese Fässer tragen hierdurch eine Art „Sozialzuschlag“, sind jedoch zugleich ein Grobindikator zur Qualität eines Jahrgangs: Wenn in Beaune hohe Preise bei der Hospiz-Auktion erzielt werden, so wird der gesamte Burgunderwein-Jahrgang teuer. Im vergangenen Jahr wurden zum Teil Auktionspreise bis zu 40.000 Euro für ein Pièce erzielt, ein Holzfässchen mit ca. 228 Liter, umgerechnet ein Einzelflaschen-Preis von mehr als 250 Euro.

Viviers, wo das Schiff, zwei Tage später anlegt, ist dagegen das Gegenteil einer touristenlärmenden Sehenswürdigkeit. Ein mittelalterlicher Ort, der auf einem Hügel thront und sich eine anmutige Stille bewahrt hat. Der nicht laut beeindruckt, sondern leise verführt. Die Kathedrale von Viviers ist die Kleinste Frankreichs, ihre Größe liegt im Detail: Viel Steinmetz- und Bildhauerkunst mit zahlreichen Figuren, romanische Grundmauern, gotischen Erweiterungen und barockem Interieur.

Die Oberstadt rund um die Kathedrale teilte sich der Klerus mit zu Wohlstand gekommenen Bewohnern. Sie ist ein steingewordenes Geschichtsbuch: enge, verwinkelte Gassen, Patrizierhäuser, der alte Bischofspalast. Beim Gang durch das Gassenlabyrinth fühlt man sich wie in einer Filmkulisse. In der Unterstadt, die sich bis zu den erhaltenen Stadtmauern erstreckt, lebten und arbeiteten Händler, Handwerker, Künstler und das einfache Volk.

Auf der Rhône Richtung Mittelmeer

An Lyon vorbei steuert Kapitän Lorenzo Ducout sein Schiff Richtung Mittelmeer. Mit ihren vielen Schleusen und Seitenkanälen ist die Rhône der weltweit am stärksten regulierte Fluss. Die Schleuse von Bollène hat mit 23 Metern das größte Gefälle. Die zum Greifen nahen Schleusenwände ragen schwarz und steil in die Höhe, darüber ist nur noch ein kleines Stück blauen Himmels zu sehen. Langsam senkt sich das Schiff, das Schleusentor geht auf, die Ampel schaltet auf Grün. Taue werden eingezogen, und das Schiff setzt seine Fahrt fort.

Über Avignon erhebt sich der Palais des Papes wie ein steinernes Manifest der Macht. Der Palais des Papes ist nicht irgendein Palast. Als die Päpste 1309 die Stadt zu ihrem Sitz machten, verwandelte sich Avignon in eine Art Hollywood des Mittelalters. Neben dem klerikalen Hofstaat strömten Geschäftemacher und andere Glücksritter in die Stadt, um vom wirtschaftlichen und baulichen Aufschwung zu profitieren. Insgesamt beherrschten sieben römische Päpste von hier aus nicht nur die kirchliche Welt, bis der Papstsitz 1377 wieder an seinen ursprünglichen Ort in die Vatikanstadt verlegt wurde.

 

Avignon

Der Palast, halb Festung, halb Kathedrale, ist bis heute das größte gotische Bauwerk Europas. Massiv, ehrfurchtgebietend, ein beeindruckendes Beispiel kirchlicher Mittelaltermacht. Doch Avignon hat auch eine leichtere Seite: kleine Cafés, sonnendurchflutete Plätze und der Himmel scheint größer zu sein als anderswo. Und natürlich die berühmte Pont Saint-Bénézet, die Brücke, die jeder kennt, aus dem Kinderlied „Sur le pont d’Avignon“. Die im 14. Jahrhundert gebaute Brücke mit ursprünglich 22 Bögen war damals mit 915 Metern die längste Brücke Europas. Bei einem Hochwasser 1660 stürzten große Teile ein, heute sind nur noch vier Bögen erhalten, die Pont Saint-Bénézet endet im Fluss. Aber von hier aus hat man den Postkartenblick auf Stadtmauer und Papstpalast.

Avignon ist der Wendepunkt für die Bijou du Rhône, es geht zurück nach Lyon, wo noch ein ganzer Ausflugstag mit Übernachtung auf dem Programm steht. Lyon ist vieles: UNESCO-Stadt, Gourmetmetropole, architektonisches Schaufenster und kultureller Brennpunkt. Die Altstadt, Vieux Lyon, ist eines der größten Renaissance-Ensembles Europas. Die Traboules, überdachte Durchgänge, die früher Seidenwebern als Abkürzungen dienten, führen zu versteckten Innenhöfen, schmiedeeisernen Balkonen und malerischen Brunnen. Enge Gassen, mittelalterliche Stadthäuser, farbige Fassaden, kleine Läden und Restaurants machen das Viertel zu einem lebendigen Kunstwerk.

Über der Stadt thront die Basilika von Fourvière, deren Höhepunkt nicht nur ihre Mosaike und Architektur sind, sondern der Ausblick über Lyon und die Flüsse. Die Basilika ist eine Mischung aus romanischem und byzantinischem Stil. Innen glänzen Goldmosaike, außen bietet die Terrasse ein spektakuläres Panorama. Die Markthallen sind ein Muss für Feinschmecker. Käse, Gebäck, Pasteten, Chocolaterien, Weine – alles in höchster Qualität. Lyon gilt als Hauptstadt der französischen Gastronomie, und hier versteht man sofort, warum. Benannt sind die Hallen zu Ehren des aus dem Lyoner Umland stammenden Kochpapstes Paul Bocuse. Bocuse war der wichtigste Wegbereiter der Nouvelle Cuisine, sein Restaurant wurde von 1965 bis 2019 ohne Unterbrechung mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet, 1989 ernannte ihn der Gault-Millau zum „Koch des Jahrhunderts“.

Zu guter Letzt: Lyon

Die Halbinsel zwischen Rhône und Saône ist das moderne Zentrum Lyons. Die Ufer wurden in den letzten Jahren liebevoll umgestaltet. Grüne Parks, moderne Sitzterrassen, angelegte Uferwege für Spaziergänger und Radfahrer. Dazu prachtvolle Plätze, elegante Boulevards, Boutiquen, Cafés, Kunstmuseen. Eine ideale Mischung aus Kultur und architektonischer Eleganz. Lyon ist urbaner als viele Städte Frankreichs, aber entspannter, ohne den Stress einer Metropole. Stressfrei, erholsam und voller Genüsse, besser kann man auch diese Flusskreuzfahrt nicht charakterisieren. Es gibt Reisen, die rauschen vorbei und solche, die sich wie ein feiner Duft in die Erinnerung einprägen. Eine Flusskreuzfahrt auf Rhône und Saône gehört zweifellos zur zweiten Kategorie. Die beiden Flüsse sind wie zwei Persönlichkeiten: die Rhône kraftvoll, eindrucksvoll; die Saône ruhig und anmutig. Zusammen schaffen sie eine Route, die Frankreich von seiner schönsten Seite zeigt. Wenn die Bijou du Rhône sanft durch die Landschaften gleitet, vorbei an Sonnenterrassen voller Reben, mittelalterlichen Städten und Plätzen, dann ist das Zeiterleben ganz bewusst etwas langsamer. Reisen ist dann nicht nur Fortbewegung, sondern ein Lebensgefühl.

Text & Fotos: Ingo Thiel

Infos zur Reise: nicko cruises.

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