Juli 19, 2025

My life as a serial killer

Buchrezension My Life as a serial killer, Joanna Wallace. Stilistisch präzise, sprachlich frisch, voll bösem Humor

Juli 19, 2025

Der britischen Autorin Joanna Wallace ist mit „My Life as a serial killer“ ein fulminanter Spagat zwischen schwarzhumorigem Genre‑Thriller und psychologisch geschliffener Charakterstudie gelungen. Die Handlung startet bei Claires nächstem Opfer, Lucas, der ihr per E-Mail unabsichtlich eine Einladung schickt – der Auftakt zu einer mörderischen Kette, die schiefzugehen droht, als plötzlich jemand ihr Treiben beobachtet. Dabei ist die Story streng komponiert: Ein Mord jagt den nächsten, aber stets mit Raum für Claires bissige Gedankenblitze, Reflexionen ihrer Kindheit und subtile Einblicke in ihr gestörtes Familienverhältnis.

Der Erzählstil ist direkt: Die Ich-Erzählerin Claire schildert ihre „Tätigkeiten“ als „Hobbymörderin“ mit fast chirurgischer Präzision und einer gehörigen Portion Galgenhumor. Wallace nutzt kurze, pointierte Sätze, ironische Selbstkommentare und absurde Alltagsbeobachtungen, um aus einer moralisch extrem fragwürdigen Protagonistin eine Heldin zu machen – albern, böse, faszinierend. Der lockere, fast beiläufige Ton zieht sich durch das ganze Buch und macht Claire zu einer exzentrischen Erzählerin, die einem trotz oder gerade wegen ihrer Morde sympathisch bleibt. Humor ist das Herzstück des Buches: Trocken, sarkastisch, manchmal makaber. Wallace spielt mit Alltagsfrustrationen – etwa genervte Supermarktbesucher – und überhöht sie zur mörderischen Fantasie à la „Wie gern würde ich dem Vordrängler …“  Aber dieser Humor ist nie leichtgewichtig, sondern tief in Claires Ich verankert: Sie ist empathisch auf ihre eigene kranke Weise und als Leser ertappt man sich dabei, mitzulachen.

Die Sprache ist prägnant und hautnah. Kein Schnickschnack, keine weitschweifigen Beschreibungen: Wallace trifft mit knappen Metaphern und echten Alltagsbildern ins Schwarze. Ihre Tötungssequenzen wirken dadurch fast normal, was den Kontrast zum blutigen Inhalt der Geschichte verstärkt und den Spaßfaktor erhöht. Inhaltlich bewegt sich der Roman im Spannungsfeld von Rache sowohl gegen reale als auch Alltagsfrustrationen und der Frage, ob Serienmörderinnen sympathisch sein können. Begleitet wird Claire von Rückblenden in ihre Kindheit, die von Misshandlungen durch die Mutter geprägt war, und vom Verlust des Vaters. Die Balance zwischen Thriller und psychologischem Tiefgang stimmt.

Joanna Wallace arbeitete in London als Anwältin für Wirtschaftsrecht. Nach einer Autoimmunerkrankung, die teilweise ihre Sehkraft beeinträchtigte, entschied sie sich, ihr Leben neu auszurichten und widmete sich dem Schreiben. Die Arbeit an ihrem Debüt begann nach der Demenzdiagnose ihres Vaters und so kommen in dem Buch auch immer wieder Demente und ihre Krankheit mit all ihren schmerzhaften, aber auch lustigen Auswüchsen vor.

„My Life as a Serial Killer“ überzeugt vor allem durch die irre Schreibstimme und gnadenlosen Humor, der das Tabu Serienmörderin zynisch entwaffnet. Wer Lust auf schwarzen britischen Witz hat, wird hier bestens unterhalten. Warum dem Verlag kein deutscher Titel eingefallen ist und sei es „Mein Leben als Serienmörderin“, bleibt allerdings rätselhaft, denn der englische Originaltitel lautet „You’d Look Better as a Ghost“. Stilistisch präzise, sprachlich frisch, voll bösem Humor, ein kurzweiliges und zugleich düsteres Lesevergnügen.

My life as a serial killer

Joanna Wallace

Piper Verlag

Taschenbuch, Klappenbroschur, mit Farbschnitt, 384 Seiten, 17 Euro

ISBN: ‎ 978-3492065160

https://www.piper.de/buecher/my-life-as-a-serial-killer-isbn-978-3-492-06516-0

Ihnen hat der Artikel gefallen? Dann jetzt teilen auf Facebook, LinkedIn und X